Ralf Parr aus Westerngrund ist neuer Kreisobmann der Bauern
Main-Echo Pressespiegel

Ralf Parr aus Westerngrund ist neuer Kreisobmann der Bauern

Hörrohr für die Landwirte sein
Westerngrund  »Die Bau­ern müs­sen ge­hört wer­den. Und sie müs­sen mer­ken, dass sie ver­t­re­ten wer­den.« Das sagt Ralf Pfarr vom Pols­ter­hof in Wes­tern­grund. Er ist jetzt in ei­ner Rol­le, in der er da­für zu sor­gen hat, dass die Land­wir­te ge­hört wer­den und sich gut ver­t­re­ten füh­len: Der 46-Jäh­ri­ge ist seit Kur­zem Kreis­ob­mann der Bau­ern im Kreis Aschaf­fen­burg.

Hintergrund: Der bisherige Kreisobmann Stefan Köhler (CSU) aus Wiesen hat sein Amt abgegeben, nachdem er als Abgeordneter ins Europaparlament gewählt wurde, meldet der Bayerische Bauernverband (BBV) Aschaffenburg. Sein Nachfolger Ralf Parr sei einstimmig von den hiesigen Obmännern bestimmt worden. Amtszeit: fünf Jahre.

Parr ist unter anderem Lohnunternehmer. Das heißt: Mit seinen landwirtschaftlichen Geräten erhält er von anderen Bauern Aufträge. Er arbeitet auf deren Feldern und Äcker. Daher sagt Parr, er kenne die Sorgen und Nöte der Landwirte im Kreis.

Als Kreisobmann mit seinem Hintergrund als Lohnunternehmer, so Parr, müsse er die Themen der Bauern in den Kreisvorstand mitnehmen. Zudem gelte es gerade jetzt zu Beginn, Kontakte in die Politik zu knüpfen.

»Ein Einschnitt ins Einkommen der Bauern«

Freilich sind beim Gespräch mit Landwirt Parr die bundesweiten Bauernproteste aus dem Winter ein Thema. Stichwort Agrardieselvergütung, die laut Beschluss der Berliner Ampelregierung über drei Jahre hinweg gekürzt wird und dann wegfällt. Parr: »Ein Einschnitt ins Einkommen der Bauern.« Der neue Kreisobmann Parr selbst hatte im Dezember 2023 zu einer Protestaktion aufgerufen. Knapp 30 Landwirte aus dem Kahlgrund hatten bei Geiselbach gegen die Sparpläne demonstriert.

Etwa ein Dreivierteljahr später sagt Ralf Parr an seinem Küchentisch, es gehe nicht nur um den Agrardiesel. Nicht nur um diese Mehrbelastung. Viele Rahmenbedingungen für die Arbeit des Landwirts machten Probleme.

Parr nennt die Düngeverordnung. Sie regele, wann der Landwirt wie viel Gülle oder Mist aufs Feld bringen darf. Zusammengefasst: Hierbei gebe es zeitliche Sperrfristen - diese setzten die Landwirte unter Druck. Es bestehe die Gefahr, dass Finanzhilfen gekürzt werden.

Parr nennt die Bürokratie, die immer mehr Zeit in Anspruch nehme. 25 Prozent seiner Arbeitszeit brauche er für die Arbeit am Schreibtisch. Zum Beispiel für die Dokumentation in Zusammenhang mit der Düngeverordnung. Zum Beispiel für Förderanträge. »Das wird immer mehr.«Parr nennt die Tierhaltung. Es nehme zu, dass sich etwa Spaziergänger bei den zuständigen Behörden melden, wenn sie Tiere auf der Weide sehen, die ihrer Meinung nach nicht artgerecht gehalten werden. Landwirtskollegen erzählten immer öfter davon. Parr dazu: Dem Landwirt, schwarze Schafe gebe es in jeder Branche, seien seine Tiere ans Herz gewachsen; er kümmere sich um sie.

»Halb gewonnen und halb verloren«

Zurück zu den Bauernprotesten. Was haben sie gebracht? Parr sagt, die Bauern hätten »halb gewonnen und halb verloren«. Auf jeden Fall hätten »die Landwirte Gesicht gezeigt. Wir stehen für unsere Interessen ein. Die Politik hat gemerkt, dass man mit uns nicht alles machen kann«. Dann sagt der neue Kreisobmann, man könne durchaus auch einmal laut seinen Protest kundtun. Dann aber müsse man wieder zusammen an einen Tisch finden, die Probleme ansprechen und nach Lösungen suchen. Kompromissbereitschaft als Basis für die Zusammenarbeit aller Seiten, Landwirtschaft und Politik.

Mehrfach betont der Kreisobmann: Er sehe seine Hauptaufgabe darin, Probleme der Bauern vor Ort aufzugreifen, damit sie über den Kreis hinaus in den Bezirk, ins Land und so weiter getragen werden können. »Wir müssen auf allen Ebenen präsent sein.«

Was will der neue Kreisobmann der Landwirte in einem Jahr erreicht haben? Ralf Parr muss über diese Frage nicht lange nachdenken. Mehrfach gebraucht er bei seiner Antwort das Wort »Hörrohr«. Er wolle Hörrohr sein für die Landwirte. Als Hörrohr wolle er Kontakt zu den politisch Verantwortlichen halten. Und als Hörrohr auch die Stimme der Bürger zum Thema Landwirtschaft hören. Sein Vorgänger, der neue Europaabgeordnete Stefan Köhler, sei da sicher »ein Super-Ansprechpartner«.

Ein Thema schiebt Ralf Parr nach. »Wir müssen Öffentlichkeitsarbeit machen. In die Öffentlichkeit gehen.« Früher, sagt er, seien die Bauernhöfe mitten im Dorf gewesen. Als Teil des Alltags. Mit den Aussiedlerhöfen habe sich das geändert. Landwirtschaft werde den Menschen dadurch immer fremder. Nutztierhaltung, Nachhaltigkeit, Kulturlandschaftspflege in der Landwirtschaft - das müsse man den Menschen wieder näher bringen.

Matthias Schwind
Hintergrund: Bauernverband im Kreis Aschaffenburg

Der Bayerische Bauernverband hat im Kreis Aschaffenburg nach eigenen Angaben 43 Ortsobmänner. Der Kreisvorstand besteht aus dem Vorsitzenden Ralf Parr (Westerngrund) und dessen Stellvertreter Christian Seitz (Großostheim) sowie aus fünf weiteren Ortsobmännern. Parr war bis zu seiner Wahl zum Kreisobmann vor wenigen Wochen seit 2022 Ortsobmann in Westerngrund und Mitglied im Kreisvorstand.

Im Kreis Aschaffenburg gibt es laut Bauernverband zirka 500 landwirtschaftliche Betriebe, in der Stadt Aschaffenburg etwa 20.

Kreisobmann Ralf Parr leitet in Westerngrund in fünfter Generation den Polsterhof - einen Biobetrieb mit 45 Mutterkühen (Mutterkuhhaltung); dazu 130 Hektar Acker- und 65 Hektar Grünland. Zudem führt er ein Lohnunternehmen, mit dem er anderen Bauernhöfen Dienstleistungen wie Gülle- und Mistausbringung, Aussaat und Ballenpressen anbietet.

2017 hat Parr seine Prüfung zum Landwirtschaftsmeister erfolgreich absolviert. 2018 hat er den landwirtschaftlichen Betrieb seiner Eltern übernommen. Ralf Parr ist verheiratet und hat zwei Söhne (14 und 17 Jahre alt). Der älteste Sohn macht derzeit eine Ausbildung zum Landwirt.

20.09.2024
mehr unter www.main-echo.de
Schließen Drucken Nach Oben